Samarkand (Usbekistan). Krasser könnte der Kontrast nicht sein. Nach der Unwirtlichkeit von Karakalpakistan, der Region im Westen von Usbekistan, erreiche ich die das pulsierende Herz der Seidenstraße.
Durch die verwinkelten Gassen der Handelszentren Xiva, Buchara und Samarkand schritten bereits Marco Polo und Ibn Battuta und in den Märkten und Karawansereien wurden die Geschichten aus 1001 Nacht erzählt. Die Zeiten der großen Karawanen zwischen Peking und Venedig sind schon lange vorbei, der Flair und die Faszination sind geblieben.
Xiva
Von der unrühmlichen Vergangenheit Xivas (Khiva) als Sklavenmarkt ist heute nichts mehr zu finden. Im Gegenteil; die von einer massiven Lehmmauer umgebene Altstadt Itchan-Kala wurde stark restauriert und präsentiert sich besenrein, fast schon steril. Um in die zahlreichen historischen Gebäude und Museen des recht kleinen Areals zu gelangen, muss ich am Westtor eine Eintrittskarte lösen (Durchschlendern kostet nichts). Lohnt sich aber auf jeden Fall, zudem sind die Steinhäuser durch ihre massive Bauweise herrlich kühl. Vor dem Osttor des historischen Kerns wird es wieder authentischer. Auf dem überdachten regulären Markt wird alles für den täglichen Bedarf feilgeboten. Wenn nicht dauernd irgendwo ein Handy klingeln würde, könnte man sich fast in der Zeit zurück versetzt fühlen.
Alibeks Guesthouse (Xiva, Usbekistan)
Direkt vor dem Westtor der Itchan-Kala liegt dieses kleine B&B. Das im Preis enthaltene, sehr reichhaltige Frühstück sucht seinesgleichen. Es wird gutes Englisch gesprochen, Wäscheservice und WLAN sind vorhanden. Letzteres allerdings sehr lahm (auch dann wenn der Sohnemann kein Championsleague-Spiel über das Internet anschaut).
Koordinaten: 41°22’45.6″N 060°21’25.0″E
Buchara
Von Xiva aus durchquere ich die Ausläufer der Kysylkum Wüste um nach Buchara (Bukhara) zu gelangen. Strahlend blauer Himmel, sengende Sonne, kein Schatten und eine Textilkombi – die besten Zutaten für einen perfekt zubereiteten Motorradfahrer Sous-vide. Es sind einige Kilometer, die aber dank einer teilweise ausgebauten Autobahn über den größten Teil der Strecke recht kurzweilig sind. Medium Rare erreiche ich Buchara, einst das religiöse und kulturelle Herz der Seidenstraße und Zentralasiens. Obwohl der „Glückliche Ort“ (abgeleitet vom sogdischen „Bukarab“) größer als Xiva ist, sind viele Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß zu erreichen.
Im Zentrum der Altstadt findet das Leben vor allem Abends am Lyab-i Hauz statt, ein Platz rund um eine offene Zisterne die früher der Wasserversorgung diente. Nach Einbruch der Dunkelheit entfaltet sich hier eine einmalige Atmosphäre brodelnden Lebens. Der Geruch nach gebratenem Fleisch liegt in der Luft, das Stimmengewirr der vielen Menschen verbindet sich mit lautem Orient-Pop zu einer einzigartigen Klangkulisse, während die Fontänen an der Zisterne für eine angenehme Kühle sorgen.
Rumi Hostel (Buchara, Usbekistan)
Ideale Lage am Rande der Altstadt, etwa 200 Metern (sofern man sich in dem Gewirr der Sträßchen nicht verläuft) vom Lyab-i Hauz entfernt. Das Motorrad kann im Innenhof parken. Bekhriz, der Juniorchef, spricht perfektes Englisch und Französisch. WLAN, Wäscheservice.
Koordinaten: 39°46’13.1″N 064°25’18.4″E
Samarkand
Ich komme am 1. Mai in der Oasenstadt Samarkand (Samarquand) an und gerate mitten in die Feiern zum Tag der Arbeit. Livemusik, Tanz, viele fröhliche Menschen auf den autofreien Straßen – ich mache beim bummeln um den Registan immer wieder Pausen um das Geschehen in mich aufzunehmen. Ich staune nicht schlecht, als ich im Laufe des Abends von einer Gruppe junger Usbeken in sehr gutem Deutsch angesprochen werde. Die Lerngruppe ist samt Lehrer ebenfalls anlässlich der Maifeier unterwegs und wir unterhalten uns eine Weile. Karlsruhe kennt irgendwie keiner, aber als ich Stuttgart sage, freuen sich alle wie die Schneekönige. Ich verkneife mir eine Lektion über Schwaben und Badener und begleitet von „Kommen Sie bald wieder!“ ziehe ich weiter.
Der von drei wuchtigen Madāris gesäumte Registan wird mit Fug und Recht als schönster Platz von Zentralasiens bezeichnet. Samarkand selber ist eine der ältesten Städte an der Seidenstraße und hat eine turbulente Geschichte hinter sich. Von Alexander dem Großen erobert, von Dschingis Khan zerstört und schließlich vom mongolischen Despot Tamerlan zur Hauptstadt seines Reiches ernannt. Samarkand hat sie alle überdauert und offeriert in Usbekistan mit Sicherheit das monumentalste historische Stadtbild. [Text und Fotos: Stefan Thiel @ www.stefan-thiel.info]
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