Karlsruhe (Deutschland). Zehn Kilometer unter mir zieht die raue Landschaft der Mongolei, Kasachstans und Russlands in Windeseile vorbei. Kaum zu glauben, aber in etwas mehr als elf Stunden lege ich eine Strecke zurück, die mich über zweieinhalb Monate und 18.000 Kilometer zutiefst erfüllt und glücklich gemacht hat.

Geplant hatte ich die Tour nur bis Ulan Bator, bzw. bis zum Wiener Schnitzel und dem Kühlschrank des Oasis.  Letztendlich habe ich mich dafür entschlossen, die Transalp in der Mongolei zu verkaufen und den Heimweg per Flugzeug anzutreten.

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Von den verschiedenen Optionen war das die rationalste, allerdings auch die schwierigste – zumindest was die Trennung von meiner treuen Transalp anging. Zusammen haben wir zwischen Irland und der Türkei, Lettland und Marokko in den letzten zwölf Jahren 100.000 Kilometer hinter uns gebracht und das alles ohne größere Probleme. Meinungsverschiedenheiten sind in so einer langen Zeit natürlich nicht ausgeblieben (der Wechsel der Ventildeckeldichtung hat meine Geduld auf eine echte Probe gestellt), aber im Rückblick gesehen war, bzw. ist, die Transalp genau das richtige Vehikel um meine Träume zu leben.

Seit ich wieder in Deutschland bin, wurde ich oft nach einem Resümee der Reise gefragt. Meistens erzähle ich von Erlebnissen die ich unterwegs hatte, habe aber oft das Gefühl, dass diese Worte nicht ausreichen um zu beschreiben was diese Art des Reisens ausmacht.

Das nimmt wahrscheinlich auch jeder auf andere Art und Weise wahr, für mich war es (wie damals bei der Indien – Deutschland Tour) das Gefühl der absoluten Selbstbestimmheit was es so besonders gemacht hat. Fünf oder 500 Kilometer Tagesetappe, Nachtlager in einem idyllischen Tal in der Wildnis oder in einem Schlafsaal in einer pulsierenden Großstadt – meine Entscheidung.

Die Königin ist tot! Lang lebe die Königin!

Würde ich so eine Tour nochmal machen? Ja, unbedingt. Ich hatte eine wunderbare Zeit, habe atemberaubende Landschaften gesehen und tolle Menschen kennengelernt. Langzeitreisen, auf welche Art auch immer, haben eine Gemeinsamkeit mit Tattoos: Wenn man einmal damit angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören. Ich brauche kein dickes Auto oder eine große Wohnung. Ein Motorrad und ein Zelt reichen mir, um das zu sehen und zu erleben, was mich wirklich zum ticken bringt.

And the road becomes my bride
I have stripped of all but pride, so in her I do confide
And she keeps me satisfied, gives me all I need
And with dust in throat I crave

(Metallica „Wherever I may roam“)

Natürlich ist es nicht immer bequem und weit vom All-Inclusive Urlaub in einer Hotelanlage entfernt. Aber Downs gehören genauso dazu wie die Ups und sind zudem auch Lieferant für gute Geschichten. Ich kann nur jedem empfehlen, seine persönliche Komfortzone zu verlassen und sich nicht verrückt machen zu lassen, was die „Gefahren“ angeht – die Belohnung dafür ist unermesslich und kann nie wieder genommen werden… [Text und Fotos: Stefan Thiel @ www.stefan-thiel.info]