Als Erwachsener noch im Sandkasten spielen? Für den 55-jährigen Freddy Verherstraeten gehört das zum Alltag. Aus rund 3.800 Tonnen griffigen Lehmboden von den nahegelegenen Fildern, etwa 200 LKW Ladungen, modellierte der Belgier und sein Team die Strecke des 38. ADAC Supercross in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Sprungtürme, Waschbretter, enge Kurven – durchatmen war für die Piloten des Supercross am ersten November Wochenende nicht vorgesehen. Offensichtlich unbeeindruckt von der technisch anspruchsvollen Strecke hatten dieses Jahr eindeutig die Starter aus Frankreich die Nase vorne. In den beiden Top-Klassen war jeweils das komplette Siegertreppchen fest in blau-weiß-roter Hand.

In der Klasse SX1, 2-Takter bis 500 oder 4-Takter bis 650 Kubikzentimeter, wurde Cédrick Soubeyras nach 2017 zum zweiten Mal zum „König von Stuttgart“ gekrönt. Der einzige deutsche SX1-Starter Stefan Ekerold, amtierender Motocross Meister in der Klasse Open, schaffte es zwar in den Hoffnungslauf, schied dort aber aus. Der als Geheimtipp gehandelte Jordi Tixier konnte bei seinem Supercross-Debut nicht an seinen diesjährigen MX Masters Erfolg als Vizemeister anknüpfen. Mit einem ordentlichen fünften Platz ist der Weg für den französischen Honda-Pilot aber nicht allzu weit bis an die Spitze.

ADAC Supercross Stuttgart 2022

In der Klasse SX2, 2-Takter bis 125 oder 4-Takter bis 250 Kubikzentimeter, freute sich Lucas Imbert über den ersten Platz. Imbert lies im Finale gar nichts anbrennen und zeigte nach einem Holeshot dem Verfolgerfeld über die gesamte Renndistanz nur noch den Rücken. Starke Leistung und ein verdienter Erfolg als „Prinz von Stuttgart“. Lokalmatador Paul Bloy erarbeitete sich, getragen vom Jubel des Publikums, seinen Weg ins SX2 Finale, musste dann aber dem anstrengenden Renngeschehen Tribut zollen. Der Biberacher schloss sein erstes Supercross-Finale auf dem 12. Platz ab. Ganz in der Nähe beendete auch die letzte deutsche Hoffnung das Rennen. Platz Zehn hieß es am Ende für den Thüringer Dominique Thury, nachdem dieser sich über einen grandios gewonnenen Hoffnungslauf noch ins Finale geschoben hatte.

Bei den SX4 Nachwuchstalenten, die sich über den ADAC BW Cup für das Supercross qualifiziert hatten, fiel vor allem Nils Fauser auf. Der 12-jährige Metzinger düpierte seine Mitstarter, indem er das Ziel mit satten 17 Sekunden Vorsprung erreichte – eine halbe Ewigkeit im schnellen Supercross. Neben dem fulminaten Rahmenprogramm mit Feuerwerk und Freestyle-Show erlebten die rund 15.400 Zuschauer der Traditionsveranstaltung auch eine Premiere. Die Crossflöhe zwischen 7 und 10 der jüngsten Nachwuchsklasse SX5 waren erstmalig komplett elektrisch unterwegs. Hier gewann Sam Petreski vom MSC Wieslaufthal. [Text und Fotos: Stefan Thiel @ www.stefan-thiel.info]