Wie viele andere öffentliche Ereignisse hatte auch das Erzbergrodeo, die Flaggschiff-Veranstaltung der Extrem-Crosser, eine Pandemiepause einlegen müssen. Mitte Juni war es dann nach drei langen Jahren endlich wieder soweit. Am steirischen Erzberg grollten nicht die großformatigen Abbaumaschinen von Mitteleuropas größtem Eisenerztagebau, sondern die Motoren von 1.200 Motocross-Verrückten aus 40 Nationen. Unter den Augen von 40.000 Fans vor Ort und unzähligen Zuschauern in Fernsehen und Internet wurde Manuel Lettenbichler (Deutschland, KTM) mit 2:58 Stunden Gesamtsieger des 26. Erzbergrodeos.

Damit konnte der 24-jährige Bayer mit seinem Vater Andreas gleichziehen, der den Gesamtsieg am “Eisernen Gigant“ bereits 2015 eingeheimst hatte. Mit dem Erfolg beim Erzbergrodeo schob sich Manuel Lettenbichler auf den dritten Platz im Gesamtklassement der FIM Hardenduro Weltmeisterschaft und verkürzte die Distanz zum führenden Billy Bolt auf 5 Punkte. Zweiter beim Erzbergrodeo wurde Mario Roman (Spanien, Sherco) mit 3:02 Stunden vor Trystan Hart (Kanada, KTM) der mit 3:11 Stunden abschloss.

Erzbergrodeo 2022

Angetreten waren ursprünglich 1.200 Starter die in den Prologläufen an Freitag und Samstag die Teilnehmer für das Superfinale am Sonntag, dem Hare Scramble, ermittelten. Hier überraschte vor allem der Erzberg-Neuling Kailub Russell (USA, KTM). Mit beeindruckenden 7:11 Minuten auf der knackigen, 12 Kilometer langen Prologstrecke ließ der 32-Jährige die alten Hasen blass aussehen.

Der entscheidende Wettbewerb am Sonntag fand bei bestem Kaiserwetter, allerdings auch hohen Temperaturen und extrem trockenen Bedingungen statt. Von den 500 Startern des Hare Scramble schafften es nur 8 innerhalb des Zeitlimits von 4 Stunden ins Ziel. Extrem großes Pech hatte hier Graham Jarvis (UK, Husqvarna). Der als Favorit gehandelte Brite war mit dem Vorsatz gestartet, den 6. Gesamtsieg am „Eisernen Giganten“ im grünen Herz von Österreich einzufahren, blieb aber wenige Sekunden nach dem Start mit Motorproblemen an seiner Husqvarna liegen.

Erzbergrodeo 2022

Was danach kam, darf bedenkenlos als das beeindruckendste Comeback in der Geschichte des Erzbergrodeos bezeichnet werden. Mit einer Stunde Verspätung startete Jarvis eine gnadenlose Aufholjagd und kämpfte sich vom letzten Platz bis auf Rang 18 vor, musste sich aber dann dem unbarmherzigen Reglement beugen: Erstmalig in diesem Jahr wurde eine strikte No-Help-Regelung umgesetzt, die für das gesamte Rennen jeglich Fremdhilfe verbot. Dadurch führte die Unterstützung eines Mechanikers an Jarvis Maschine zur Disqualifikation des 47-Jährigen, der die Entscheidung enttäuscht, aber sportlich nahm. Das war bei weitem nicht das einzige Drama am langen Christi Himmelfahrt Wochenende. Bereits beim Steilhangrennen „Rocket Ride“ am Donnerstag hatte Lokalmatador Ossi Reisiger eine bittere Pille schlucken müssen. Der notorische Gewinner des Eröffnungsevents wollte ebenfalls den 6. Sieg abräumen, schied aber im Finale unglücklich aus. Durch eine Kollision kurz nach dem Start und anschließenden Sturz war Reisinger aus dem Rennen und musste den Sieg seinem Landsmann Sepp Fally und seiner Kawasaki überlassen. [Text und Fotos: Stefan Thiel @ www.stefan-thiel.info]