Der 4. Juli 2020 stand in vielen Städten Deutschlands ganz im Zeichen des Motorrads. Befeuert durch Aufrufe verschiedener Veranstalter in den sozialen Medien trafen sich zahlreiche Motorradfahrer, um gegen die Entscheidung des Bundesrats zum Thema Thema Motorradlärm vom 15. Mai zu protestieren. Diese Handlungsaufforderung an die Bundesregierung fordert aus Lärmschutzgründen teils drastische Maßnahmen, die alle Zweiradfahrer betreffen.
Auch in Karlsruhe fand eine Veranstaltung statt. Initiiert wurde diese durch die politisch engagierte Motorradfahrerin Karin Birkel und die Rennleitung 110, einem privaten Präventionsprojekt motorradfahrender Polizeibeamter. Im Vorfeld der Demonstration hatte man – etwas blauäugig – 500 Teilnehmer gemeldet, um gemeinsam zum Platz der Grundrechte vor dem Schloss Karlsruhe zu fahren. Im Rahmen eines stillen Protestes wollte man dort dem Bundesverfassungsgericht symbolisch ein Thesenpapier übergeben. Diese Thesen fordern eine einheitliche, technisch fundierte und verhältnismäßige Reaktion auf das Thema Motorradlärm, ohne alle Biker gleichermaßen zu stigmatisieren.
Tatsächlich fanden sich am Sammelpunkt an der Messe Karlsruhe weitaus mehr als die erwarteten 500 Zweiradfahrer ein. Polizeiangaben sprechen von 7000 bis 8000 Teilnehmern, die dort am Samstagmittag zusammenkamen. Die gemeinsame Fahrt in die Karlsruher City wurde daher wegen des zu erwartenden Verkehrschaos von den Ordnungskräften untersagt. Lediglich einigen hundert Motorradfahrern wurde die weitere Durchführung der Demonstration gestattet.
Die Thesen
- Motorradfahrer sind keine Bürger minderen Rechts
- Beamte dienen dem ganzen Volk
- Auf der Straße der Grundrechte wird in beide Richtungen gefahren
- Normenakzeptanz entsteht aus akzeptablen Normen.
- Sachverstand ist förderlich für die Diskussion
- Anwohner sind Autofahrer sind Flugreisende sind Eltern sind Motorradfahrer sind Heckenschneider sind …
Im Detail nachzulesen bei Good Souls.
Ungeachtet der Einschränkungen platzte der Karlsruher Schlossvorplatz aus allen Nähten. Einhellig zeigten die Motorradfahrer, die es trotz Verkehrschaos und Verbot in die Innenstadt geschafft hatten, ruhig und friedlich Präsenz. Nach der Übergabe der Thesen und dem Ende der Aktion zogen die Veranstalter eine grundsätzlich positive Bilanz. Es gab weder Unfälle noch lautstarke Proteste, die den Gedanken der Demonstration ad absurdum geführt hätten. Die vielen Diskussionen vor Ort und im Nachgang mit nicht motorradfahrenden Bürgern zeigten, dass man den richtigen Weg gewählt hatte, um das Thema in die Bevölkerung zu tragen.
Eine erste Rückmeldung kam angesichts der vielen Demonstrationen bereits von Bundesverkehrminister Andreas Scheuer (CSU). Dieser bekräftigte am Protestwochenende gegenüber der Deutschen Presse-Agentur seine Haltung, weitere Verschärfungen und Verbote für Motorradfahrer abzulehnen.
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